Holz und Regen

Holz und Regen

Regen, Regen und nochmals Regen. Vom Bergdorf Tiantouzhai ging es am Freitag mit dem Bus nach Guilin um dort zur Bank zu gehen.

Ich hatte eine Transaktion auf mein neues, chinesisches Bankkonto gemacht. Das hat auch geklappt, nur dass ich bei der Währung keine RMB (Chinesischer Yuan) wählen konnte. Da habe ich dann halt Euro gewählt, wie empfohlen. Die Bank rief mich an und erklärte mir, dass mein Geld eingetroffen sei. Das ist ja wunderbar, sage ich.

Leider wars nicht so wunderbar, denn für die Konvertierung von Euro in RMB musste ich persönlich vor dem Schalter erscheinen. Da führte leider kein Weg drumherum. Glücklicherweise hatte ich mein Busticket nach Guilin ja sowieso schon gebucht.

Auf der Bank gehts dann relativ zackig und nach einigen Minuten habe ich endlich Yuan auf meinem Konto und kann jetzt überall in China Geld abheben. Auf dem Weg von der Bank zu meiner Unterkunft in Guilin, ich beschloss lieber eine Nacht da zu bleiben, falls es Probleme gäbe, begann es zu regnen. Dies aus Strömen. Völlig durchnässt erreiche ich das Hostel.

Dort bin ich überaus glücklich einen Haarföhn auf dem Zimmer vorzufinden. Die Beschäftigung des Abends war dann meine zwei paar Schuhe, die Jacke, die Hosen und so weiter trocken zu föhnen, hehe.

Mein Busticket für Morgen habe ich auch schon. Es geht um 07:00 Uhr los nach Sanjiang, westlich von Guilin. Der Stadtbus Nummer 12 würde mich zum Busbahnhof bringen. Bereits um 06:00 Uhr warte ich an der vorgegebenen Stelle. Als um 06:30 Uhr noch immer kein Bus in Sicht ist, denke ich shit. Ich würde 30 Minuten brauchen um zum Terminal zu laufen. Ich müsste jetzt loslaufen. Verflucht, denke ich.

Gestern habe ich mich extra noch beim Hotelpersonal vergewissert und Linie Nummer 12 startet den Betrieb um 06:10 Uhr. Genervt laufe ich los.

Nach ein paar hundert Metern schaue ich mich um und da kommt doch tatsächlich ein Bus der Linie 12! Den halte ich an!

Denkste. Der Chauffeur fährt an mir vorbei und deutet auf die Bushaltestelle zweihundert Meter hinter mir. Auf den Philippinen hätte das funktioniert, den Bus anzuhalten. Naja, das Glück ist mir hold und kommt in Form eines Taxis angefahren. Für nur 9 Yuan geht’s zum Terminal, welches ich um 06:50 Uhr betrete. Phu, hat also alles noch geklappt.

Auf der gesamten Fahrt regnet es. Im Bus werden chinesische und Hong Kong Filme gezeigt. Militäraction und sinnloses herumgeballere, nicht dass ich die Handlung nicht verstanden hätte, diese überbrückte die Sprachbarriere mit Leichtigkeit, hehe.

In Sanjiang angekommen regnet es immer noch. Mit einigen anderen Fahrgästen suche ich unterschlupf im Busterminal. Einige Minuten warte ich, doch der Regen wird nicht bald aufhören. Also ziehe ich meine Regenjacke an und packe meine zwei Rucksäcke in ihre Regenhüllen ein. Ein Unterfangen in welchem ich mittlerweile sehr viel Übung habe.

Vor dem Busbahnhof sprechen mich einige Mini Van Fahrer an. Sie fragen mich, ob ich nach Chengyang will. Ich zeige ihnen den Namen meines Hostels und die Adresse in chinesischen Buchstaben. Sie wissen wo es liegt. 60 Yuan will der Kerl. Da wir im Regen stehen habe ich keine Lust gross zu verhandeln, also geht’s für 50 los. Nach 30 Minuten erreichen wir den kleinen Ort Ma’An.

Der grossteil der Häuser in diesem kleinen Dorf sind aus Holz und im traditionellen Stil der Dong gebaut. Die Dong sind eines von vielen Minderheitenvölker in China. Sie sind für ihre Handwerkskunst bekannt. So hat dann auch jedes dieser 8 kleinen Dörfer in der Umgebung eine Brücke, welche jeweils bis auf das Fundament komplett aus Holz gebaut ist und dies auch ohne Nägel!

Die Dong wanderten um das Jahr 1000 v. Chr. aus dem Norden des heutigen Thailands in China ein.

Im Verlauf der Expansion der Han-Chinesen wurden sie später wieder nach Süden abgedrängt. Heute siedeln die Dong vor allem in den Provinzen Guangxi und Guizhou, etwa entlang des Li Jiang Flusses.

Die traditionelle Dong-Architektur verwendete ausschließlich Holz ohne metallene Schrauben und Nägel. Bekannt sind die pagodenartigen, heiligen Trommeltürme als Versammlungsort der Sippen, sowie die kunstvoll ornamentierten, überdachten „Wind-und-Regen-Brücken“, die eine Touristenattraktion darstellen. Den Dong wird auch eine engere Beziehung zur Natur und Geisterwelt zugeschrieben, als es im modernen China üblich ist.

In jedem Dorf steht einer dieser Trommeltürme. Die Architektur ist sehr interessant. Mein Zimmer liegt im 6. Stock und nein, es gibt keinen Fahrstul, hehe.

Leider regnet und regnet es. Also gehe ich heute nicht nach draussen. Im Zimmer hänge ich ein wenig rum und bestelle einen Blumenstrauss für Mami’s Geburtstag Morgen, hehe.

Mitten in der Nacht blitzt und donnert es. Plötzlich erklingt ein Riesenknall und das Haus bebt. Jetzt steigt die Klimaanlage aus. Aha, Stromausfall. Ich versuche wieder einzuschlafen. Doch was ist das? Wasser? Links neben mir tropft Wasser auf das Kopfkissen. Aha, nicht ganz dicht, was. Egal, ich bin zu müde um irgendwas abzudichten, also bewege ich mich einfach ein wenig weiter nach rechts um nicht nass zu werden.

Am Sonntagmorgen wache ich auf. Vom Bett aus sehe ich bereits, dass es immer noch regnet. Kein Licht. Aha immer noch Stromausfall. Ich gehe nach unten in die Lobby um etwas zu frühstücken. Das Treppenaus ist stockfinster. Nur im zweiten Stock hat jemand Kerzen auf dem Boden aufgestellt. Unten in der Lobby ist es auch düster. Die Gastgeberfamilie sitzt da. Die Jungs spielen auf ihren Handys herum. Ich frage ob ich etwas essen kann? Leider nein. Doch der Vater zeigt mir, wo es was gibt. Gleich gegenüber auf der anderen Seite der Gasse. Dort bekomme ich so etwas ähnliches wie Dumplings, die gedämpft wurden und mit Fleisch gefüllt sind.

Der Besitzer dieses kleinen Standes spricht denn auch ein wenig Englisch. Wir unterhalten uns flüchtig. Er ist Han Chinese (ethnisch gesehen) und seine Frau eine Dong. Gemeinsam haben sie eine kleine Tochter, so ein Jahr alt. Die ist gar nicht schüchtern und hat keine Berührungsängste. Sie scheint eher sehr neugierig zu sein.

In meinem Zimmer stelle ich folgendes Fest: draussen regnet es, also kann ich nicht raus. Drinnen gibt es keinen Strom und mein Handy ist mittlerweile tot. Was mache ich also? Genau, lesen. Stundenlang liege ich im Bett und lese. Einen Politthriller von Tom Clancy. Lustigerweise geht es darin auch um China.

So um 18:45 Uhr hört es auf zu regnen. Hmmm…würde das nur eine kurze Sache sein? Kurzfristig entschliesse ich mich die Kamera zu packen und ab nach draussen zu gehen. Ich spaziere ein wenig im Dorf herum.

Es wird langsam zu dunkel für Fotos und jetzt fängt es auch wieder an zu regnen. Zurück im Hostel esse ich etwas. Mittlerweile scheint der Vater den Generator des Nachbarn angezapft zu haben. Es gibt wieder Strom. Ich nutze die Gelegenheit und lade sofort mein Handy und den Laptop auf. Dann sehe ich mir die restlichen Episoden der Serie Breaking Bad an.

Welch Wunder, als ich am nächsten Morgen aus dem Fenster Blicke und Regentropfen sehe! Ja, es regnet immer noch. Strom ist wieder aus. So ein Blödsinn, sage ich genervt.

Ich meine ok, es ist cool mal einen ganzen Tag im Zimmer zu verbringen und zu lesen und so, aber heute brauche ich das echt nicht nochmal.

Tom Clancy bekommt wieder einige Zeit von mir. Doch dann so um 13:00 Uhr hört es doch tatsächlich auf zu regnen! Kann ich dem Wetter trauen? Eigentlich ist es mir egal, denn ich fühle mich total eingesperrt und will nach draussen.

Im Dorf begegne ich einigen chinesischen Touristen. Wie die teilweise angezogen sind sage ich euch. Überhaupt nicht dem Wetter entsprechend. Die laufen mit Absatzschuhen, Abendkleidern und Röcken in der Gegend rum. Die Gassen sind voll mit Wasser, überall Schlamm und Pfützen. Schon auf dem Weg hierher habe ich dutzende Erdrutsche gesehen, die Geröll und Schlamm auf die Strasse gespült haben.

Diesmal starte ich eine etwas weitere Erkundungstour.

Zurück im Hostel läuft der Generator wieder. Also nutze ich die Gelegenheit um kurzfristig meinen weiteren Weg zu buchen. Mit dem Zug nach Guiyang und von dort aus mit dem Flugzeug nach Chengdu.

Chengdu ist auch mit dem Zug von hier aus erreichbar, doch alle Schlafwagentickets waren schon ausgebucht. Und 18 Stunden zu sitzen, wollte ich mir nicht zumuten. Beim Abendessen in der Lobby begegne ich noch einem Italiener, der wie ich, alleine unterwegs ist. Er ist so gegen Ende 40. In Mailand hat er drei Kinder und eine Frau. Er erklärt mir, dass es das einfach ab und zu brauche, alleine unterwegs zu sein.

Ich kann ihn gut verstehen, denn er erinnert mich an meinen Vater, der auch immer mal wieder seine eigenen Abenteuer in Kenia brauchte.

Heute Dienstag geht’s für mich, wie oben beschrieben nach Chengdu, der Hauptstadt der Provinz Sichuan. Sie ist das Tor in den Westen, zum Hochland. Weiteres gibts bald!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.