Zwischen Koran und Öl: ein Besuch im Sultanat Brunei
Am Abend des 14. Februar 2016 fliege ich über ein Wolkenmeer, welches sich in der untergehenden Sonne gelbrot verfärbt. Mit Royal Brunei Airlines startete mein Weg von Manila nach Bandar Seri Begawan, der Hauptstadt von Brunei.
Das kleine Sultanat hat nur gerade 416‘000 Einwohner. Einst zum britischen Kolonialgebiet gehörend, war es vor allem der Sultan, der sich den neu geformten, unabhängigen Staaten Indonesien und Malaysia nicht anschliessen wollte. Dies weniger aus patriotischen, sondern eher ökonomischen Gründen: die reichhaltigen Erdölvorkommen sollten nicht mit den armen Brüdern rundherum geteilt werden.
Mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen geht einem geruhsamen, gut bezahlten Job in irgendeiner Regierungsbehörde nach. Steuern braucht niemand zu bezahlen. Schulen und Universitäten sind kostenlos.
Körperlich anstrengende oder hoch qualifizierte Tätigkeiten werden von über 120‘000 Gastarbeitern aus Asien und Europa erledigt.
Zu 80% ist die kleine Nation von ursprünglichem tropischem Regenwald bedeckt. Allash sei Dank ist es bisher noch nicht nötig gewesen, diesen abzuholzen, da auf Grund des Ölreichtums kein Bedarf da ist.
Ich schaue wieder aus dem Fenster. Das Bild, welches sich mir bietet ist wunderschön. Fern unter mir, kann ich nun auch ein Schiff erkennen. Richtig himmlisch ist die Stimmung.
Am Flughafen von BSB – wie Bandar Seri Begawan manchmal abgekürzt wird – ist kaum mehr etwas los. Ich wechsle kurz etwas Geld und mache mich dann mit einem Taxi auf zum Hotel, wo – wer hätte das gedacht – bereits jemand auf mich wartet.
Döme war amselben Tag aus Singapur angekommen, wo er nach einer 2 Wöchigen Sri Lanka Reise noch ein paar Tage mit seiner Freundin Suu verbracht hatte. Es gibt ein herzliches Wiedersehen und natürlich trinken wir später ein Bier. Doch erst gibt es noch einen Schluck Schnapps, aus dem schönen Flachmann.
Am nächsten Morgen stehen wir gemütlich auf und machen uns zu Fuss auf, um uns dieses BSB einmal genauer anzusehen. Auf einem kleinen Markt beobachten wir eine Affenfamilie, die gefüttert wird und sehen allerlei exotische Früchte. Beim weiteren Spaziergang durch die Stadt stellen wir etwas ziemlich schnell fest: es ist extrem ruhig.
Kein Vergleich zu Bangkok oder Hanoi. So gut wie keine Fussgänger, leere Strassen und kein Lärm.
Wir sind ein wenig irritiert, denn für eine asiatische Hauptstadt ist das äusserst ungewöhnlich. Wir unterhalten uns ein wenig über dieses kleine Sultanat. Alkohol gibt es hier nicht zu kaufen. Die Einfuhr ist für Ausländer in ganz kleinen Mengen erlaubt. Generell sieht es hier sowieso nicht nach einer Partynation aus, hehe.
Wir besuchen kurz das Brunei History Centre, um noch mehr über die Geschichte der Nation zu erfahren und einige Staatsgeschenke von anderen Machthabern an den Sultan zu bestaunen.
Auf dem Wasser vor der Stadt gibt es die Kampong Ayer, die sogenannten Wasserdörfer. Frühe europäische Besucher nannten sie „Venedig des Ostens“. Hier leben ca. 40‘000 Menschen in Pfahlbauten.
Doch wir reden hier nicht von mittelalterlichen Einrichtungen, denn auch hier lässt der brunesische Standard nicht auf sich warten: alle Häuser sind ans Stromnetz und die Trinkwasserversorgung angeschlossen. Auch Schulen, Feuerwehr- und Polizeistationen sowie ein Krankenhaus gibt es auf dem Wasser.
Zu Boot sehen wir uns das ganze genauer an.
Wir sind fasziniert vom Leben auf dem Wasser und uns wird schnell klar, dass die Leute hier nicht wirklich arm sind, sondern ebenso wie jene, die auf dem Festland leben, vom enormen Reichtum des Landes profitieren. Apropos Reichtum: das Vermögen von Sultan Hassanal wird auf ca. 20 Milliarden USD geschätzt.
Am Abend geniessen wir Sushi und schlendern anschliessend zur wunderschönen Omar Ali Saifuddin Moschee, welche bei Nacht, herrlich beleuchtet ist. Auf dem Weg hören wir laute Technomusik in den Strassen und staunen, denn wir sehen abgesehen von ein paar Stadtangestellten, die den Boden reinigen, niemanden.
Das ist also Brunei. Ein wohlhabender Staat, in dem man nach strengen islamischen Regeln lebt – Kopftücher und Ganzkörpergewänder für Frauen, im Mai 2014 wurde die Scharia eingeführt – , in dem man sein Wohlhaben zur Schau stellt, keinen Alkohol trinkt und auch keine Party macht.
Doch wir sind uns beide sicher, dass es hinter der Fassade auch hier und da eine sündvolle Nacht gibt, hehe. Unser kurzer Besuch im kleinen Sultanat geht zu Ende, denn am nächsten Morgen würden wir nach Malaysia fliegen.