Auf dem Dieng Plateau
18. Juni 2015. Frisch ist es, als wir heute Morgen aufwachen. Die Bettdecken haben Patrizia und ich in der Nacht definitiv gebraucht – und dies nicht einmal wegen der Klimaanlage. Nein, hier oben auf dem Dieng Plateau auf der indonesischen Insel Java, ist es ziemlich kühl.
Kein Wunder, denn das Dorf in dem wir schliefen, liegt auf rund 2000 Meter über Meer. Gestern hatten wir mehrere, stundenlange Busfahrten hinter uns gebracht und gelangten schliesslich abends, als es schon dunkel war im Ort Dieng Kulon an. Die Letzte der Fahrten in einem kleineren Bus in Gesellschaft einer grossen Gruppe männlicher indonesischer Pfadfinder. Dank der Hilfe von ein paar Frauen im Bus, wussten wir dann auch, wo wir auszusteigen brauchten.
Als ich mich umsehe, merke ich wie bunt das schöne Doppelzimmer im Dieng Pass Homestay ist: die Wände sind pink, auf unserem Bett liegt eine Blümchendecke und es hat süsse Zeichnungen. Scheinbar ist die Unterkunft dafür bekannt, bunte Zimmer zu haben. Mir gefällts.
Zu Fuss machen wir uns auf um die Umgebung zu besichtigen. Abends und nachts ist es ganz schön kühl hier, doch wenn sich tagsüber die Sonne zeigt, wird es angenehm warm.
Ich erhoffe mir irgendwo hier auf dem Plateau einen hochgelagerten Platz zu finden um schöne Fotos von einem Sonnenaufgang oder Untergang machen zu können.
Wir erreichen einige alte Hindhutempel. Die meisten der ursprünglich über 400 wurden zwischen dem 8. und 9. Jahrhundert nach Christus erbaut. Bald nach der Errichtung gerieten die Tempelanlagen wieder in Vergessenheit und wurden erst 1856 vom Archäologen Van Kinsbergen wiederentdeckt und erfasst, nachdem er das Gebiet um die Tempel trockenlegte. Mehr auf Wikipedia.
Alle Dieng-Tempel sind nach Helden des indischen Epos Mahabharata benannt. Die erhaltenen acht sind charakteristisch für die frühe zentraljavanesische Architektur.
Beim betrachten der Tempel und auf unserem weiteren Weg erschallen die Gebetsrufe von den umliegenden Moscheen. Patrizia und ich befinden uns während des Ramadan, des islamischen Fastenmonats, im bevölkerungsreichsten muslimischen Land der Erde.
Ich finde es sehr speziell, wenn ich bei dieser Landschaft hier oben, zwischen terrassenförmigen Teeplantagen und bewaldeten Hügeln, Moscheen sehe. Es wirkt auf mich wie aus einer anderen Welt.
Wir treffen auf ein älteres Pärchen aus Australien und halten einen kurzen Schwatz mit ihnen. Patrizia kann dabei ihr Englisch verbessern, hehe. Dann geht es weiter, immer den Wegweisern entlang zum Sikidang Vulkankrater. Die berühmten farbigen Vulkanseen, lassen wir getrost aus, nachdem wir erfahren, was der Zutritt zu ihnen kostet.
Unser Weg führt uns weiter, aufwärts in die Hügel, von wo aus wir uns einen Ausblick erhoffen. Leider spielt das Wetter dabei nicht wirklich mit und somit finden wir uns zwischen den Bäumen wieder in einer Nebelwand. Die Stimmung ist abenteurlich und mystisch.
Hier oben laufen wir durch viele Tee und Gemüseplantagen. Ein grosses Wasserversorgungsnetzwerk wurde installiert.
Auf dem Weg nach unten öffnet sich der Himmel immer mehr und gewährt uns wunderschöne Lichtspiele zwischen dem Nebel.
Mit einem Bus geht’s für uns zurück nach Dieng Kulon. Dort essen wir bei Bu Jono zu Abend. Der nette, ältere Mann gibt uns einen guten Tipp, als wir ihm sagen, dass wir gerne einen Sonnenaufgang fotografieren würden.
Doch es gibt da einen kleinen Hacken: um diese Zeit morgens, fährt kein Bus zum Ausgangsort. Unsere einzige Option hiess Roller. Doch seit ich das erste Mal in Südostasien war – in Thailand – sagte ich mir, dass ich hier niemals ein aktiver Verkehrsteilnehmer sein würde.
Der Fahrstil, den die Menschen hier an den Tag legen, hatte mir schon immer grossen Respekt eingeflösst.
Dennoch überredet mich Patrizia und führt ein gutes Argument ins Feld: „Auf Karimunjawa bist du ja auch gefahren!“. Das stimmt. Nur handelte es sich dabei um eine Insel, auf der es kaum Fahrzeuge gibt. Egal, es würde morgens in der früh sein und daher auch nicht viel Verkehr haben. Machen wirs.
Die Australier, die wir heute getroffen hatten, halten sich auch im Bu Jonos auf. Wir setzen uns zu ihnen und plaudern ein wenig. Für mich eine willkommene Abwechslung, für Patrizia eher schwieriger, doch sie bekommt einiges mit. Ich amüsiere mich herrlich darüber, wie die ältere Dame den Namen des Ortes Wonosobo ausspricht, hehe.
In etwa so: „Wounousoubou.“ Englische Sprache halt, hehe.
Dazu gleich noch ein zweiter. Der Satz „Terima kasih“ bedeutet so viel wie Danke. Danach sagt man dann „Sama sama“, was so viel wie bitte, gerne bedeutet. Immer wieder hatte ich den Australier gehört, wie er es etwa so aussprach: „Törma kässi.“ Es hörte sich so witzig an.
Knapp nach fünf Uhr am nächsten Morgen fahren wir zu zweit mit einem Roller los. Unser Ziel heisst Sikunir. Von dort aus soll man wunderbar den Sonnenaufgang beobachten können. Die Strassen sind leer. Wir verfahren uns nicht und kommen auf einem Parkplatz bei einem kleinen See an.
Von dort aus geht es zu Fuss hoch den Hügel hinauf. Es ist recht anstrengend und wir benötigen gut 30 Minuten für den Aufstieg. Patrizia hasst es bergauf zu laufen, hehe.
Oben angekommen suchen wir uns eine gute Position und essen erst einmal unser mitgebrachtes Frühstück: Müsli und Junkfood aus dem Indomarket – der indonesischen 7 Eleven Variante. Nun warten wir gespannt auf die Sonne. Nicht schlecht staunen wir, als es ganz langsam heller wird. Die Aussicht ist atemberaubend.
Gleich mehrere Gipfel, die aus dem Nebelmeer aufragen, zeichnen die Landschaft. Wunderschön. Der Gunung Sindoro bestimmt die Szene. Er ist der mächtigste und grösste auf den Bildern. Er ist ein aktiver Stratovulkan mit einer Höhe von 3130 Metern.
In der Ferne sehen wir noch die Gipfel des Gunung Merbabu (der mittlere der drei) mit 3140 Metern, Gunung Merapi (rechts) mit 2910 Metern und des Gunung Lawu (links) mit 3260 Metern. Ganz alleine auf der linken Seite steht der Gunung Ungaran mit 2050 Metern Höhe.
Grüntöne gesellen sich zum Morgenrot dazu, als die Sicht immer klarer und detaillierter wird. Es fühlt sich an, als ob wir in einem Land vor unserer Zeit sind. Etwas Vergleichbares haben wir noch nie gesehen.
Nachdem wir die Stimmung ausgiebig genossen haben, machen wir uns glücklich auf den Weg nach unten. Das Aufstehen hat sich allemal gelohnt.